Zwischen Strand und Windeln

Lange schlafen? Familienharmonie von morgens bis abends? Vergiss es. Vielmehr kommt es darauf an, sich als Eltern gegenseitig Auszeiten zu gönnen. Auch wenn’s schwer fällt.

„Genieß’ mit deinem Mann die letzten Ferien ohne Kind!“

So verabschiedete mich ein Kollege in die Sommerferien 2008. Damals, in der Euphorie, bald Mutter zu sein, tat ich diesen Wunsch achselzuckend ab: Auch mit Kind würden wir schöne Ferien erleben. Ganz bestimmt!

Heute, nach nun drei Jahren und einigen Urlaubsreisen mit Kind, weiß ich: Ich hatte Recht. Aber ich verstehe jetzt auch die Wünsche meines Kollegen, der selbst zwei Kinder hat. Unsere Ferien heute sind schön – aber auf eine ganz andere Weise als zu unseren kinderlosen Zeiten.

Früher war unsere Urlaubszeit als Paar davon geprägt, dass wir gerne lange schliefen, in Ruhe frühstückten und unsere Aktivitäten spontan planten. Ob Besichtigungen, Wanderungen oder Einkäufe, wir mussten auf niemanden Rücksicht nehmen. Heute müssen wir bei allem, was wir planen, für unseren dreijährigen Sohn und seine Bedürfnisse mitdenken. Das fängt schon bei der Auswahl des Urlaubsortes an und hört bei der Wahl des Essens noch lange nicht auf; solange Josua noch Mittagsschlaf machte, mussten wir den kompletten Tagesablauf darauf abstimmen. Bis jetzt entschieden wir uns meist für ein Ferienhaus an der holländischen Nordseeküste; dort konnten wir sowohl Josuas Bedürfnissen als auch unseren eigenen Rechnung tragen.

Abschied von manchen Vorstellungen

Welche Bedürfnisse durften wir als Eltern im Familienurlaub überhaupt noch haben? Von der Vorstellung, viel und lange zu schlafen, haben wir uns früh verabschiedet. Als Frau wünsche ich mir natürlich Entlastung von den Alltagsgeschäften; dazu gehört auch: das Kind ins Bett zu bringen, Windeln zu wechseln, zu kochen – und entspannt auf der Couch zu sitzen, während mein Mann diese Aufgaben erledigt. Aber Martin braucht genauso seine Auszeiten – ein Mittagsschläfchen halten, am Strand ein Buch lesen, konzentriert Musik hören. Diese Auszeiten gebe ich ihm auch, auch wenn ich gestehe: Es fällt mir manchmal schwer.
Auch von der Vorstellung, dass wir im Urlaub alles gemeinsam machen, von morgens bis abends pure Familienharmonie pflegen, habe ich mich längst verabschiedet. Stattdessen gilt es immer wieder Absprachen zu treffen, einen Mittelweg zu finden zwischen erholsamer Zeit alleine und den Pflichten als Eltern.
Und wo bleiben unsere Auszeiten als Paar? Sind wir nur noch funktionierende Eltern? Die Zeit am Abend, wenn Josua schläft, ist nicht nur im Urlaub die Zeit, die wir gemeinsam begehen, in der wir wichtige Dinge besprechen, entspannen und auch schon mal die früheren Zeiten zurückholen, zusammen ein Glas Wein trinken, spielen oder einen Film anschauen. Außerdem haben wir das Glück, dass meine Schwester gerne mit uns gemeinsam Urlaub macht. So haben wir einen Babysitter dabei, der es uns ermöglicht, mal einen Sonnenuntergang am Strand zu genießen oder ein paar Stunden ohne Kind durch die Stadt zu bummeln. Wir haben festgestellt, dass wir das auch gerade im Urlaub brauchen und diese Kinder-Auszeiten die Ferien für uns insgesamt wertvoller machen.

In Zukunft werden wir übrigens Urlaub mit zwei Kindern machen. Ich weiß es nicht, wie das wird – aber ich freue mich darauf!

Agnes Fries